4. Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz
Da psychische Erkrankungen auch in der Arbeitswelt immer häufiger auftreten, sollte jeder Personalverantwortliche über ein gewisses Grundwissen zu diesem Thema verfügen.
- Psychische Erkrankungen - die unterschätzten Folgen
- Mögliche Ursachen psychischer Erkrankungen
- Die Anzeichen und der Umgang mit psychischen Erkrankungen
Psychische Erkrankungen - die unterschätzten Folgen
Depressionen, Zwangvorstellungen, Angsterkrankungen und andere psychische Leiden verursachen laut einer Studie Produktionsausfälle von jährlich rund 3 Mrd. Euro. Die Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) unterstreicht dies in ihrem Gesundheitsreport 2002:
- Von 1997 bis Ende 2001 haben die Arbeitsunfähigkeits-Tage aufgrund von psychischen Erkrankungen um 51% zugenommen.
- Die meisten Krankheitstage wegen psychischer Erkrankungen, fallen in den helfenden Berufen an.
- Die meisten psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeitstage werden durch Depressionen verursacht.
- Aufgrund von Depressionen kam es im Jahr 2001 auf 100 Versicherte gesehen zu 65,8 Arbeitsunfähigkeitstagen.
- Fast zwei Drittel dieser Fehlzeiten fielen auf Frauen.
Mögliche Ursachen psychischer Erkrankungen
Es viele Gründe, warum ein Mensch psychisch krank werden kann:
- Verletzlichkeit
- Bewältigungsstrategie
- Entwicklungsbedingte Ursachen (z.B. Gewalt, Adoption, Schule)
- Stoffwechselstörung im Gehirn
- Suchtmittelmissbrauch
- Krankheit
- erbliche Faktoren
- ...
Die Anzeichen und der Umgang mit psychischen Erkrankungen
Die nachfolgende Aufstellung* beschreibt Merkmale psychischer Erkrankungen und enthält Hinweise zum Umgang damit.
Angst
Merkmale:
- ausgeprägte, anhaltende Angst vor Objekten oder Situationen (soziale Angst) ohne erkennbaren Auslöser oder posttraumatische Belastungsstörung
- Angstreaktionen (z.B. Panik, Erstickungsgefühle, ...)
- Person erkennt, dass Angst übertrieben oder unbegründet ist
- Angstsituationen werden gemieden
- Vermeidungsverhalten schränkt normale Lebensführung ein
- Angst vor Angst
Umgang damit:
- klare, eindeutige Arbeitsaufträge erteilen
- Aufgaben in klein(st)e Teilschritte gliedern
- konkrete Unterstützung in angstauslösenden Situationen bieten
- positive Erfahrungen machen lassen
- Umgang mit Angst erlernen
- ggf. professionelle Hilfe suchen
Zwänge
Merkmale:
- wiederholte Ideen, Gedanken, die als lästig und sinnlos gesehen werden
- wiederholte Verhaltensweisen gemäß eines Zwangsgedankens.
- übertriebene Handlungen
- Versuch diese zu unterdrücken
Umgang damit:
- Grenzen setzen
- klare Anweisungen geben
- gegebenenfalls professionelle Hilfe suchen
Depression (mind. 5 der Kriterien sind erfüllt)
Merkmale:
- depressive Verstimmung
- vermindertes Interesse
- Gewichtsverlust/-zunahme
- Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf
- Unruhe oder Verlangsamung
- Müdigkeit/Energieverlust
- verminderte Denk-/Entscheidungs-/Konzentrationsfähigkeit
- Gedanken an Tod
- Manie
Umgang damit:
- bei depr. Verstimmung: Positives aufzeigen
- ansonsten unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen (insbesondere bei Suizidgedanken/-versuchen)
- Vorsicht bei Manie: Leistungsfähigkeit nicht ausbeuten
- Suizid geschieht meist erst im Aufwärtstrend
Psychose/Schizophrenie (mind. 2 Kriterien)
Merkmale:
- Wahn
- Halluzinationen
- Sprechen und Verhalten ist durcheinander
- flacher Affekt oder Willensschwäche
- manische und depressive Phasen
Umgang damit:
- Entwicklungen genau beobachten (wird z.B. deutlich ruhiger, unruhiger, abwesend, fahrig, durcheinander, wahnhaft)
- richtiges Verhalten in Krisensituationen vorher erfragen, bzw. Bezugs/Betreuungspersonen kennen (evtl. Notfallausweis)
- bei akuter Psychose nur in Begleitung gehen lassen
- rechtzeitig professionelle Hilfe aufsuchen
Persönlichkeitsstörungen z.B. Borderline: (mind. 5 der Kriterien sind erfüllt)
Merkmale:
- (verzweifeltes) Verlassenwerden vermeiden
- instabile, intensive zwischenmenschliche Beziehungen (Idealisierung/Entwertung)
- Instabilität des Selbstbildes oder Selbstwahrnehmung
- Impulsivität in selbstschädigenden Bereichen (z.B. Sucht, Sexualität, ...)
- suizidale Handlungen/Selbstverletzung
- affektive Instabilität
- chronische Leere
- unangemessene, heftige Wut(ausbrüche)
- vorübergehende paranoide Vorstellungen
Umgang damit:
- Distanz und Distanzlosigkeit aushalten
- klare Grenzen setzen
- klare Aufgaben geben; Arbeitsergebnis dementsprechend loben/kritisieren
- nicht narrisch werden
- Verhaltensmuster nicht annehmen und fortsetzen
- sich selbst schützen und Konflikte reflektieren
- ggf. professionelle Hilfe aufsuchen
* erstellt von Holger Schmidt, Dipl. Sozialpädagoge (FH)
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